Mittwoch, 24. August 2016
Ist Auswandern ein feiges Davonlaufen?
Nur zwei Tage in meinem Job und ich hasse alle meine KollegInnen leidenschaftlich. Heute habe ich mich wirklich wie ein hasserfüllter Mensch gefühlt, als ich wieder mal mit einer Mitarbeiterin aneinandergeraten bin. Ein bisschen mache ich mir in solchen Momenten Sorgen um meine Persönlichkeitsentwicklung, aber sobald ich im Zug nach Hause sitze, fühle ich mich wieder wie ein Mensch. Gar nicht auszudenken, wie ich drauf wäre, wenn ich Vollzeit arbeiten müsste! Mit ziemlicher Sicherheit würde ich trinken.

Es ist also mein Job (zusammen mit dem politischen Klima, unter dem alle Gespräche beim selben vermaledeiten Thema und im Streit enden), der mich fertig macht, und leider muss ich sagen, dass er einer der besten Jobs ist, den ich je hatte, was heißt, dass die anderen noch beschissener waren. In einem Buch übers Aussteigen, das ich gerade lese, geht es u.a. darum, dass eigentlich alle Jobs die selben Fehler und Schwächen haben, die uns in den Wahnsinn treiben. So muss ich zumindest nicht bis ans Ende meines Lebens nach einem bessren Job suchen, immer der Illusion nachlaufend, dass der nächste Job sicher ganz anders wird.

Ich habe ja schon von meinen Ausstiegsplänen geschrieben. Ein paar Dinge halten mich dabei zurück, darunter der Glaube, dass es vielleicht feige oder eine sinnlose Flucht vor mir selber ist, wenn ich mir eine andere Umgebung suche, ein anderes Land. Aber das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass Mutigsein gleich "hierbleiben und die Scheiße ausbaden" bedeutet. Ich will aber nicht! Tatsächlich habe ich schon in anderen Ländern gelebt und auch wenn es stimmt, dass man immer die eigenen Probleme mitbringt, hat es für mich einen großen Unterschied gemacht, wie nett und aufgeschlossen die Leute und wie sonnig das Wetter in dem einen Land, und wie in sich gekehrt und abweisend die Menschen und wie dauerschlecht das Wetter in dem anderen Land war.

Vielleicht sollte ich die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ich es gut habe, in Österreich geboren zu sein, dass ich hier viele Jahre verbracht habe, aber dass es mir hier nicht mehr gefällt. Dass es in Ordnung ist, woanders hinzugehen, wo ich mich wohler fühle als hier. Was denkt ihr?

... comment